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Interview mit Organisationsentwicklerin und «digitale Diät»-Crewmitglied Susanne PeterSusanne Peter, On-/Offline Organisationsentwicklerin

«Digitale Diät»: Was ist Deine persönliche Motivation, Dich für digitale Diät zu engagieren?
Susanne Peter: Ich habe zwei Seiten in mir. Teils bin ich ein digitaler Dinosaurier und traue mich nicht an digitale Technologien. Gleichzeitig habe ich bei Whatsapp etc. ein teils obsessives Verhalten und bin stark beeinflussbar. Die Auseinandersetzung damit, wo ich mich abgrenzen und wo ich dazulernen muss, finde ich wichtig.
Darüber hinaus finde ich das Angebot zentral, da die Technologie nur so gut ist, wie der Mensch sie nutzt. Die Kopplung zwischen Mensch und Technologie funktioniert im digitalen Wandel meiner Meinung nach meist nicht optimal. Zum Beispiel im Gesundheitswesen, wo es viele gute technologische Ideen gibt, aber die Nutzer*innen den Nutzen (noch) nicht erkennen.

Kannst Du ein Beispiel nennen, wo Du aktuell Bedarf für eine digitale Diät siehst?
In der Branche aus der ich komme – aus dem Gesundheitswesen – geht es ja momentan vor allem darum, Technologie einzuführen. Ich habe immer wieder erlebt, dass coole Tools eingeführt und dann nicht genutzt wurden. Dann stellt sich die Frage: Warum wird die Technologie nicht genutzt? Die Tools passen teils zu wenig zu den Arbeitsprozessen. Eine Technologie, die anschlussfähig sein will an zig Branchen ist vielleicht zu wenig auf eine spezifische Situation adaptierbar. Die Schulung von Anwenderkenntnissen verfehlt dann oft das Ziel. Wir müssen besser klären, ob das einzuführende Tool der Zielsetzung unseres Arbeitsalltags entspricht.

Welches Vorgehen findest Du als Spezialistin für Organisationsentwicklung sinnvoll, wenn es darum geht, neue Technologie einzuführen?
Grundsätzlich bräuchte es bei der Entscheidung für eine bestimmte Technologie eine bessere Erhebung davon, was die Technologie den einzelnen Berufsgruppen in einer Organisation bringt. Diese Erhebung sollte am Anfang stehen und die Entscheidung nicht nur top down durchgesetzt werden. Meiner Erfahrung nach werden die Nutzer*innen zwar involviert in diesen Prozess, ihre Stimme wird aber oft übersteuert von Führungspersonen oder Technologieexperten. Die Nutzer*innen müssten meiner Meinung nach eine gewichtigere Stimme haben und ihre Widerstände und Ängste ernster genommen werden. Wenn bei der Einführung einer neuen Technologie gefragt wird: Warum kapieren das die Mitarbeitenden nicht? finde ich das die falsche Frage. Die richtige Frage wäre: Warum ist die Technologie nicht anschlussfähig an den Kontext und warum haben wir das bei der Implementierung übersehen.

Mit welchen Ansätzen könnte man sowas verhindern?
Bei grösserer Veränderung – und die Einführung einer neuen Technologie ist oft eine grössere Veränderung – finde ich es sinnvoll und hilfreich, mit möglichst vielen Perspektiven aus der Organisation zu arbeiten, das bedeutet, Perspektiven aus verschiedenen Hierarchiestufen und Berufsgruppen einzubeziehen. Das kann man erreichen zum Beispiel mit dem Arbeitsformat der Organisationskonferenz, indem Teile des Veränderungsprozesses mit möglichst Vielen aus der Organisation gemeinsam gestaltet werden. Dabei gilt es, darauf zu hören, welche Anliegen von den verschiedenen Anspruchsgruppen vertreten werden. Denn wahrscheinlich muss an ganz verschiedenen Orten, Punkten und zu ganz unterschiedlichen Themen gelernt, verhandelt und geübt werden.

Wie sieht Deine persönlich digitale Diät aus?
Meine teils obsessive Nutzung des Smartphones behandle ich so, dass ich das Gerät ab und zu ausschalte oder bewusst zu Hause lasse und mich diszipliniere, in welchem Moment ich auf das Gerät schaue – idealerweise nicht vor dem zu Bett gehen oder unmittelbar nach dem Aufwachen. Ich finde es auch wichtig, ganz bewusst etwas Anderes zu machen, zum Beispiel in die Natur zu gehen anstatt sich permanent berieseln zu lassen.